Quo vadis, TGW? | HF Mixing Group
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Quo vadis, TGW?

Technische Gummiwaren haben seit ihrer Entdeckung viele Industrien und Produkte geprägt. HF Mixing Together beleuchtet die Branche.

Kautschuk ist vielleicht nicht gerade „der Stoff, aus dem die Träume sind“. Und doch hat dieser Stoff seit seiner Entdeckung Menschheitsträume beflügelt und ganz entscheidend zum industriellen und technischen Fortschritt beigetragen. Bereits um 1600 v. Chr. nutzten die Völker Mittelamerikas und Amazoniens die wasserabweisenden Eigenschaften des Kautschuks. Sie nannten ihn – nach der Art seiner Gewinnung – die „Träne des Baumes“ (zusammengesetzt aus den indianischen Worten cao für Baum und ochu für Träne) und stellten aus ihm Schläuche, Gefäße, Fackeln und sogar Kleidungsstücke her. Zwar kannten sie das Verfahren der Vulkanisation nicht, waren aber schon in der Lage, das plastische Latex durch Zugabe von Baum- und Pflanzensäften in ein elastisches, gummiartiges Material umzuwandeln.

Der Durchbruch kam 1839, als Charles Goodyear mit der Vulkanisation das Verfahren erfand, mit dem auch heute noch der plastische Kautschuk in elastisches Gummi umgewandelt wird. Der Gummiwerkstoff war geboren: ein Material mit dauerelastischen Eigenschaften, einer relativ hohen Reißfestigkeit, Dehnung und Beständigkeit gegenüber Alterung und Witterungseinflüssen. Naturkautschuk wird auch heute noch produziert. Die fünf wichtigsten Produzentenstaaten sind Thailand, Indonesien, Malaysia, Indien und die Volksrepublik China. Allerdings werden heute 60 Prozent des weltweiten Bedarfs durch petrochemisch hergestellte synthetische Kautschuke gedeckt.

Treuer Begleiter der TGW-Industrie

Seit 150 Jahren unterstützt die HF MIXING GROUP (HFMG) die gummiverarbeitende Industrie mit Maschinen zur Erzeugung der unterschiedlichsten Mischungen. Alle nennenswerten Innovationen wie der Banbury® Mischer, die ineinandergreifenden Rotorsysteme mit festem und variablem Achsstand (VIC™) und die Tandemtechnologie entstanden in den Unternehmen der HFMG. Ein Großteil der industriellen Gummiproduktion wird für die Reifenherstellung verwendet. So ist es nicht verwunderlich, dass die Reifenhersteller auch ein großes Kundensegment der HFMG darstellen. Die Gruppe entwickelt und produziert Maschinen für die Bereiche PKW, LKW, OTR und Bus sowie für die Runderneuerung von Reifen.

Ein ebenfalls sehr großes Kundensegment stellt die Technische Gummiwaren-Industrie dar. Die HFMG entwickelt effiziente Zukunftslösungen für diesen Bereich.Eine Aufgabe, die ebenso spannend wie herausfordernd ist. Die Kundenunternehmen der TGW-Industrie sind dabei extrem breit segmentiert: Da sind einerseits große Lohncompounder, welche praktisch alle Gummi- und TPE-Mischungen entwickeln und herstellen. Sie bedienen zahlreiche Branchen – von der Automobil- bis zur pharmazeutischen Industrie. Aus ihren Mischungen werden Dichtungsprofile, Transportbänder, Schläuche, Bauteile für Haushaltsgeräte, Schuhwaren und vieles mehr hergestellt.

Die großen Compounder bieten meist eine breite Produktpalette für unterschiedliche Kundenprozesse an. Diese reicht von Kompakt- zu Moosgummimischungen, es werden schwarze sowie farbige Mischungen hergestellt, es sind unterschiedlich breite Streifen oder Granulate bereitzustellen, und einige Mischungen müssen sogar gestrainert oder kalandriert werden. Sie haben Erfahrung mit einer großen Anzahl an Polymertypen wie EPDM, SBR, NBR, HNBR, ACM, FKM, AEM, IIR, CR, CSM, CM, VMQ, ECO und NR/IR.

Neben den großen Compoundern sind aber auch viele hoch spezialisierte Nischenanbieter Teil der TGW – und Kunden der HF MIXING GROUP. Sie stellen Produkte wie Spezialdichtungen, Kabel, Bremsbeläge oder Produkte für die Medizintechnik her. In der Regel haben diese Kautschukmischungen besonders hohe Anforderungen, z. B. hinsichtlich Temperatur- oder Medien­beständig­keit, Verschleißfestigkeit oder Ähnliches.

Flexibilität – das A und O im Mischsaal

Unabhängig von der Größe und Geschäftstätigkeit ihrer Kundenunternehmen arbeitet die HFMG seit jeher eng mit ihren Kunden zusammen, um deren Anforderungen zu kennen und ihnen begegnen zu können. Um die Lage der Branche zu beleuchten, hat die Redaktion von HF MIXING TOGETHER bei Verantwortlichen von vier verschiedenen Kundenunternehmen aus der TGW-Industrie nachgefragt, was sie aktuell bewegt, welche Anforderungen sie derzeit und zukünftig sehen und welche Marktentwicklungen sie erwarten. Dabei stellte sich schnell heraus, dass – was den Mischsaal angeht – für alle Befragten die Flexibilität das wichtigste Kriterium ist.

Carsten Rüter, President Technology bei Hexpol Compounding, einer führenden Unternehmensgruppe in der Entwicklung und Herstellung von hochwertigen Gummi­mischungen, TPE-Mischungen sowie Mischungen für Walzenbeschichtungen und Spezialanwendungen, betont:

„Anforderungen wie kleinere Losgrößen, komplexere Rezepturen, variable Mischzyklen und neue Materialien sind alle relevant. Das Wichtigste ist jedoch die Flexibilität, die ein moderner Mischsaal in Bezug auf das Rohstoffhandling, die flexible Prozesssteuerung und letztendlich den Maschinenpark bieten muss. Entscheidend für ein erfolgreiches Mischsaalkonzept ist die hohe Maschinenverfügbarkeit, welche durch eine robuste und wartungsarme Installation mit langer Lebensdauer garantiert wird."

Und auch für Klaus Bressel, der als Technischer Leiter der Gummiwerke KRAIBURG GmbH für einen Lohncompounder spricht, ist Flexibilität das Kriterium:

„Für uns als Spezialist, der auch kleine Liefermengen herstellt, ist die höchstmögliche Flexibilität und Effizienz des TGW- Mischsaals entscheidend. Die Maschinen müssen eine möglichst große Bandbreite an Chargengrößen, Liefermengen und -formen mit höchster Qualität abbilden. Nur so können wir unseren Kunden kurze Lieferzeiten und Termintreue garantieren."

Wachstum im Windschatten der Automobilisten

Auf potenzielle Wachstumsbereiche angesprochen, fällt immer wieder das Wort „Automobilindustrie". Klaus Faßler, seines Zeichens Operations Manager bei der zur Conti­Tech AG gehörenden PHOENIX Compounding Technology GmbH, hält fest:

„Die TGW folgen den Innovationen aus den Wachstumsanforderungen und Technologieansprüchen der Automobilbranche. Sie profitieren zeitversetzt von deren Entwicklungen. Die Eigenschaften der dort verwendeten Produkte verändern sich rasant. Besonders die Forderung nach Gewichtsreduzierung erfordert eine Reduzierung der Dichte der Compounds. Des Weiteren haben Faserverbundstoffe, Silikone oder Thermoplastcompounds eine Zukunft."

Auch Paul Hallas, Operations Director bei SPC UK und SPC Jevsa, Spanien, betont die Bedeutung des Industriezweigs:

„In Großbritannien erleben wir derzeit Wachstum in der Automobilindustrie, vor allem in Bezug auf neue Produkte für spezielle Anwendungen im High-End-Markt der Automobilindustrie."

E-Mobilität ist noch kein Thema

Auch bei der Frage, ob und welche Auswirkungen die E-Mobilität auf die TGW haben wird, fallen die Einschätzungen der Marktteilnehmer ähnlich aus: „Sicher wird die E-Mobilität Verschiebungen in unserer Branche mit sich bringen, aber da reden wir von einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren. Ich denke, dass wir noch lange mit dem Verbrennungsmotor fahren werden“, ist sich Klaus Bressel von Kraiburg sicher. Und Carsten Rüter sagt:

„Die E-Mobilität wird sicherlich Einfluss auf die TGW-Produkte haben, aber derzeit ist sie noch das letzte Glied in der Entwicklungskette Verbrennungsmotor – Hybrid – Batterie. Wenn die E-Mobilität flächendeckend kommt, werden einige traditionelle TGW-Produkte wie Kraftstoffleitungen und Hydraulikschläuche wegfallen, während der Leichtbau an Bedeutung gewinnen wird. Hochgefüllte und somit schwere Elastomerbauteile werden dann in der Kritik stehen und durch neue Materialien ersetzt werden müssen. Wohin die Reise hier geht, ist momentan nicht eindeutig, aber im Fokus der Hexpol Compounding. Vorerst geht es für die TGW-Branche darum, die Hybridlösungen der Antriebskonzepte zu unterstützen; und hier steht die höhere Temperaturstabilität der Elastomerbauteile klar im Vordergrund."

Höhergefüllte Compounds sind Reaktion auf Preisdruck

Während die anderen Interviewpartner in ihrem Segment keinen Trend zu höher gefüllten Compounds erkennen können, sehen Carsten Rüter von Hexpol und Klaus Faßler von PHOENIX diesen sehr wohl, bewerten ihn aber kritisch. So betont Rüter:

„Die Entwicklung hin zu höhergefüllten Compounds ist hauptsächlich dem Preisdruck auf dem Markt geschuldet. Die daraus resultierende höhere Dichte­ ist in der Kostenbetrachtung für Elastomerprodukte jedoch kontraproduktiv und bewirkt nur bedingt eine Kostenreduktion beim Verarbeiter. Ein ausgewogenes Verhältnis aus spezifischer Dichte und Mischungskosten ist demnach ausschlaggebend für die finalen Produktkosten." Aus denselben Gründen hält auch Klaus Faßler die Möglichkeiten von höhergefüllten Compounds für begrenzt. Er sieht generell „eine eindeutige Entwicklung weg vom ‚Mittelfeld‘ hin zu einfachen und preisgünstigen Compounds auf der einen und hochkomplexen, teureren Compounds auf der anderen Seite."

Equipment im Mischsaal

In den Mischsälen der von uns befragten Unternehmen kommen überwiegend klassische Mischeranlagen zum Einsatz: Förder- und Verwiegetechnik für alle Rohstoffe, kontinuierliche und diskontinuierliche Mischaggregate, Walzwerke, Strainer und Granulieranlagen, automatische Batch-Off- und Streifenverpackungsanlagen, Kühlsysteme sowie moderne Labor- und Prozessüberwachungssysteme. Der Einsatz von Doppelschneckenextrudern wird unterschiedlich gesehen. Zum einen ist das Walzwerk sicherlich heute und in Zukunft als das Standard-­Austrags­aggregat anzusehen, da es die Mischung schnell und effizient herunterkühlen kann und bezüglich der kundenseitig geforderten Streifenbreiten am flexibelsten ist. In diesem Punkt sind sich alle Interviewpartner einig. Für bestimmte in großen Volumen zu produzierende Mischungen wird der Doppelschneckenextruder aber durchaus positiv gesehen und möglicherweise das Walzwerk ersetzen, da dieser die Mischungen automatisiert und somit mannlos, abfahren kann. Das Strainern wird nach Ansicht aller Befragten durch die gestiegenen Qualitätsanforderungen volumenmäßig weiter zunehmen und ist heute bei den meisten Anbietern bereits etabliert. Einen Trend in Richtung der kontinuierlichen Mischsysteme scheint es eher nicht zu geben, da die Flexibilität im Vordergrund steht.

Kundennähe wird auch vom Maschinenhersteller erwartet

Unabhängig von ihrer Größe ist die Nähe zu ihren Kunden für alle Anbieter der TGW extrem wichtig. Die von uns befragten Unternehmen sind ausnahmslos international tätig. In den letzten Jahrzehnten sind sie ihren Kunden vor allem nach Asien gefolgt. Kundennähe ist in der Branche nicht nur sinnvoll, sondern – was die Produkte und deren Eigenschaften sowie Qualitäten angeht – sogar existenziell. Paul Hallas von SPC betont:

„Wir sind ein globales Unternehmen mit einer starken Präsenz in Europa und Asien. Unsere Fertigungsstätten befinden sich in der Nähe unserer Kunden, in einem Sieben-bis-zehn-Tage-Versandfenster, damit die exzellente Qualität unserer Produkte nicht beeinträchtigt wird."

Diese Kundennähe erwarten die TGW-Anbieter auch von den Maschinenherstellern. Carsten Rüter erklärt:

„Für uns ist es wichtig, dass ein kompetenter Maschinenhersteller weltweiten Service anbieten kann, wir aber einen zentralen Ansprechpartner für strategische Fragen wie etwa Neuanschaffungen oder grundlegende Modernisierungen der Mischbetriebe haben."

Und Klaus Bressel fügt hinzu:

„Uns ist die enge Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern wichtig, damit unsere spezifischen Anforderungen umgesetzt werden. Für uns sind Faktoren wie schnelle Rüstzeiten, leichte Reinigung, unterschiedliche Chargengrößen und eine hohe Maschinenverfügbarkeit wichtig."

Paul Hallas wünscht sich ein maßgeschneidertes Lebenszyklusprogramm für jede einzelne Maschine, welches deren Verschleiß annähernd vorhersagen kann.

„Ich möchte wissen, dass ich in fünf Jahren einen neuen Mixer-Body benötige, damit ich diese Investition schon jetzt in unsere finanzielle Planung und Strategie einbeziehen kann."

Zwei Megatrends: Automation und Energieeffizienz

Das Thema Automation beschäftigt die TGW-Anbieter schon seit langem. Der Vernetzungsgrad von Maschine und Automation wird dabei immer höher.

„Für eine möglichst hohe Flexibilität in Bezug auf Rohmaterial und Compoundvielfalt ist dies auch erforderlich“

erklärt Carsten Rüter von Hexpol.

„Condition Monitoring und Prozessüberwachung sind ein Muss!“

Bei PHOENIX arbeitet man seit mehr als 20 Jahren an der Vernetzung von Maschine und Steuerung, wie Klaus Faßler berichtet.

„Wir verfügen über ein umfangreiches Leitstandssystem, in dem von der Auftragssteuerung über die Materialbedarfe pro Schicht, die Prozess- und Qualitätsüberwachung sowie die Maschinensteuerung bis hin zur Lagerverwaltung alles abgebildet wird. Das alles wird für die Mitarbeiter und Prozessingenieure visualisiert. Bei uns ist die papierlose Fabrik Realität. Des Weiteren verfügen wir über ein integriertes TPM-System."

Auch bei KRAIBURG und SPC ist der Automatisierungsgrad der Maschinen immer höher geworden, wie Klaus Bressel und Paul Hallas berichten.

„Diese Entwicklung geht weiter. Bei Technologien, die wir nicht abdecken, ist es für uns wichtig, dass der Maschinenbauer diese Dienstleistung übernimmt“

sagt Bressel.

„Als Beispiel ist hier der Fernzugriff auf die Steuerung und Automation zu nennen. Online-Ersatzteilkataloge ermöglichen in der Regel eine schnellere Verfügbarkeit der Ersatzteile, was natürlich in unserem Interesse ist.“

Und Paul Hallas fügt hinzu:

„Die Vernetzung von Maschinen und Steuerungen ist von entscheidender Bedeutung. Alle unsere Qualitätskontrollen sind voll automatisiert, um die Risiken im Zusammenhang mit menschlichen Fehlern zu minimieren. Unsere qualitativ hochwertigen Produkte sind vollständig rückverfolgbar dank präziser und konstanter Prozesse. Hochwertige Kalibrierung ist dabei von zentraler Bedeutung."

Das zweite große Thema, welches die TGW-Anbieter aktuell beschäftigt und weiterhin beschäftigen wird, ist die Energieeffizienz. Carsten Rüter berichtet:

„Das Thema Energieeffizienz ist bei uns global ganz hoch aufgehängt, und komplett energetische Untersuchungen unserer Mischsäle stehen auf dem Programm. Vom Mischer- und Walzenantrieb über Supportinstallationen bis zur Mischsaalbeleuchtung steht alles auf dem Prüfstand. Klare Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen sind bei Hexpol AB auf Konzernebene verabschiedet worden. Eine entsprechende Unterstützung der diversen Maschinen- und Bauteillieferanten wäre wünschenswert."

Auch für KRAIBURG ist das Thema sehr wichtig, wie Klaus Bressel berichtet:

„Wir verfügen seit zwei Jahren über ein eigenes Energiemanagement nach ISO 50001. Von den Herstellern erwarten wir Maschinen mit effizienter Antriebstechnologie und einem generell niedrigen Verbrauch."

PHOENIX Compounding hat bereits vor acht Jahren ein Energieteam gegründet, das an den Themen Energiemonitoring, verbrauchsarme Antriebskonzepte, Kraft-Wärme-­ Kopplung, Nutzung von Wärmetauschern und anderen Projekten arbeitet. Allein in den letzten fünf Jahren konnten so über 1 Million Euro eingespart werden! Klaus Faßler appelliert an die Maschinenhersteller:

„Sie müssen dafür sorgen, dass die neuen Maschinen energieeffiziente Antriebe haben. Wünschenswert ist, dass der Kunde außerdem direkt mit der Maschine auch ein Energiemonitoring erwerben kann."

Auch Paul Hallas begrüßt jede Möglichkeit, gemeinsam mit den Maschinenlieferanten von SPC an neuen Wegen zur Steigerung der Energieeffizienz zu arbeiten. „Besonders interessiert wäre ich an Innovationen zur Rückgewinnung von Energie, nicht nur was einzelne Maschinen angeht, sondern im gesamten Mischsaal.

Hexpol Compounding, KRAIBURG, PHOENIX und SPC können sich – stellvertretend für alle Anbieter aus der TGW-Industrie – sicher sein, dass die HFMG ihre Wünsche vernommen hat und den Anforderungen mit exzellenten Lösungen begegnen wird – so wie sie dies schon in den letzten 150 Jahre getan hat.

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