Reibbeläge: Die Mischung macht’s | HF Mixing Group
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Reibbeläge: Die Mischung macht’s

Die Qualität von Reibbelags-mischungen ist entscheidend für die Sicherheit der vielen verschiedenen Anwendungen.

Sie kommen in Fahrzeugen aller Art vor. Sie sitzen in Rolltreppen, Waschmaschinen, Windkraftanlagen, Gesenkschmiedepressen und vielen weiteren industriellen Maschinen und solchen des täglichen Lebens. Die Rede ist von Bremsbelägen. Überall, wo sie im Einsatz sind, stellen sie ein wichtiges Sicherheitselement dar. Ihre Qualität ist daher entscheidend, und diese hängt direkt von den Reibbelagsrezepturen und dem Mischprozess ab. Die Vorbereitung von Reibbelagsmischungen ist unter technischen Aspekten sehr anspruchsvoll. Die Herausforderungen bei diesen Applikationen sind die Vielfalt der eingesetzten Rohstoffe sowie das Verhältnis zwischen den Füllstoff-/Polymeranteilen, das typisch für Reibbelagsrezepte ist.

Zahlreiche Anforderungen

„Reibbeläge müssen eine hohe Reibwert- und Temperaturstabilität aufweisen, unempfindlich gegen Nässe, geräuscharm und mechanisch belastbar sein. Ihre Lebensdauer soll möglichst lang sein, und sie dürfen nur geringen Gegenverschleiß an der Bremsscheibe verursachen. Ferner müssen sie Rauchentwicklung verhindern und – seit einigen Jahren – auch umweltfreundlich sein“, zählt Dirk Herkrath, Geschäftsführer von Becorit, die Anforderungen auf, die an Reibbeläge gestellt werden. Die deutsche Becorit GmbH, eine Tochter der US-amerikanischen Wabtec Corporation, gehört zu den großen Anbietern von Bremsbelägen. Sie produziert in Deutschland am Standort Recklinghausen Scheibenbremsbeläge und Kunststoffbremsklotzsohlen für Schienenfahrzeuge sowie spezielle Reibbeläge für den Bergbau und industrielle Anwendungen.

Insgesamt lässt sich das Anwendungsspektrum von Reibbelägen in drei große Bereiche unterteilen: Der größte Teil entfällt auf automobile Anwendungen wie Bremsbeläge und Verkleidungen oder Kupplungsbeläge für PKW und LKW.Daneben gibt es den deutlich kleineren Eisenbahnmarkt. Bremsbeläge für Scheibenbremsen und Bremsklötze für Radbremsen bilden den Hauptteil dieses Segments und erfordern – aufgrund der Unterschiede in Größe und Spezifikation – unterschiedliche materielle Eigenschaften. Das dritte Segment auf dem Markt sind industrielle Anwendungen. Hierunter fallen Bremsbeläge, Kupplungsbeläge, verschiebbare Elemente, Reibriemen, Rollen und Bänder, Scheiben und Dämpfer für eine Vielzahl von Maschinen.

Francesco Laureri, der Technische Direktor von ITT Friction, einem der weltgrößten Brems- und Reibbelagshersteller für die Automobilindustrie, fasst zusammen, worauf es im automobilen Umfeld heute ankommt: „Die kundenspezifischen Anforderungen hinsichtlich einer konstant hohen Qualität und eines möglichst niedrigen Verschleißes sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Hinzu kommt, dass heute in unserer Branche immer mehr Wert auf Komfort, z. B. Geräuscharmut, gelegt wird. Umweltaspekte gewinnen täglich an Bedeutung, d. h., ITT hat 2014 mit Einführung kupferfreier Beläge in die Erstausrüstung einen weiteren Schritt in Richtung Ökologie getan."

Die unterschiedlichen Anwendungen erfordern unterschiedliche Mischungen. Für automobile Anwendungen kommen meist zweistufige Mischungen zum Einsatz. Bei dieser Art der Mischung wird im zweiten Schritt eine „nasse“ Vormischung der „trockenen“ Mischung hinzugefügt. Der Unterschied von „nassen“und trockenen Mischungen liegt in der Art der Bindemittel.

Die Materialvorgaben erfordern eine Kombination aus Flexibilität und Steifigkeit, guter Leistung und Komfort bei minimiertem Verschleiß. Die meisten „nassen“ Mischungen werden im Bahnbereich und in der Industrie genutzt. Im Eisenbahnsektor ist eine hohe Biegsamkeit des Reibmaterials Grundvoraussetzung, damit es sich den großen Geometrien von Spurweite oder Bremsscheibe anpassen kann. Schließlich haben Bremsenteile von Zügen eine etwa drei- bis fünfmal größere Bremsfläche als automobile Teile.

Unterschiedliche Produktionsverfahren

Für die Produktion von „nassen" Mischungen haben sich drei verschiedene Verfahren durchgesetzt: Das erste wird vor allem in der Automobilproduktion angewendet. Nasse Mischungen werden hier entweder als fertige Mischung für die Bremsbeläge verwendet oder als Master Batches für die Garnimprägnierung in Kupplungsoberflächen. Die hier verwendeten Mischsysteme bestehen aus einem Innenmischer mit nachgeschaltetem Mischwalzwerk und nachfolgender Granulation.

Das zweite Verfahren wird für Eisenbahn-Bremsbeläge und industrielle Verschleißteile verwendet. Das Material hat in der Regel einen hohen Gummigehalt und kann in verschiedene Formen gepresst werden, ohne vorheriges Abschmelzen der Bindemittel Verbindung bei Raumtemperatur. Diese Art der Fertigung erlaubt einen hohen Füllstoffanteil in der Mischung. Eine Produktionslinie besteht aus einem Innenmischer mit Granulation. Das häufigste Anwendungsbeispiel für dieses Verfahren ist die Herstellung von granulierten Reibbelagsmischungen, die durch heiße oder kalte Pressung geformt werden können. Die Produktion muss auf speziellen Innenmischern erfolgen, deren Mischkammern vor übermäßigem Verschleiß geschützt sind. Der größte Vorteil dieser Methode liegt in extrem kurzen Press- bzw. Formzeiten. Die Steifigkeit des Materials muss hoch genug sein, damit die von der Presse geformten Geometrien beim Aushärten nicht zerfließen. Aber auch Heißpressen als Formgebung ist möglich.

Die dritte Methode ist die Herstellung von granulierten Mischungen für Mischwalzwerke: Hier wird ein Innenmischer mit angeschlossener Granulation und nachfolgender Kalander Maschine genutzt, um ein ausgeformtes Mischgutfell für das Prägen vorzubereiten. Typische Anwendungen sind die Herstellung von granulierten Reibmaterial Mischungen mit hohem Gummigehalt. Im Verlauf der weiteren Produktion wird ein Granulat gebildet, in Rollen geschnitten und getrocknet und schließlich in unterschiedliche Formen gestanzt. Zur Vermeidung von Rissen und Schäden in der Materialoberfläche nach dem Walzen darf die Rezeptur keine hochgefüllten Stoffe enthalten. Die Mischung muss hochbiegsam und von niedriger Viskosität sein, damit sie in einem Prozessschritt zu dünnen Rollen verarbeitet werden kann.

Die Vorteile der Innenmischertechnologie

Die Mischer, die bei der Produktion von Reibbelagsmischungen zum Einsatz kommen, müssen viele Anforderungen erfüllen: Sie müssen in der Lage sein, hohe Fasermengen und geringe Kautschukmengen ohne Lösungsmittel einzuarbeiten. Ebenso sollten sie sich durch einen hohen Verschleißschutz gegen Abrasion auszeichnen und einen hohen Durchsatz leisten können. Daher ist der Innenmischer häufig die Maschine der Wahl.

Innenmischer haben eine Vielzahl von Vorteilen bei der Produktion von Reibbelagsmischungen. Sie ermöglichen die Komposition und Produktion von hochgefüllten Mischungen in kurzen Prozesszeiten. Zudem können nur Innenmischer die Mischung für die Kaltpressung vorbereiten. Dies erlaubt eine wirtschaftliche Produktion von Teilen in hoher Stückzahl und kurzen, festen Zyklen. Auch ist die Qualität der Mischungen sehr gut.

Der Innenmischer vom Typ IM 135E der HF MIXING GROUP ist wegen seines Kühlvermögens die eingesetzte Maschine für das Mischen von Reibbelagsmaterial. Seine PES5-Rotoren mit ineinandergreifender Rotorgeometrie gewährleisten die homogene Verteilung aller Mischungskomponenten und höchstmögliche Dispersionsgrade der Mischung. Zudem erlauben Rotordesign und optimiertes Kühlverhalten aller mit dem Mischgut in Kontakt stehenden Bauteile der Maschine die effiziente Verarbeitung von wärmeempfindlichen Materialien. Aufgrund dieser Eigenschaften hat sich der Intermix® 135E in der Reibbelagsindustrie durchgesetzt.

Dirk Herkrath von Becorit hält fest: „Der große Vorteil eines Innenmischers ist die Möglichkeit, Kautschukballen lösemittelfrei zu verarbeiten. Gerade heutzutage ist man sehr bestrebt, auf den Einsatz jeglicher umwelt- und sicherheitsproblematischer Lösemittel möglichst zu verzichten.“ Nachteile sieht er lediglich in den relativ hohen Mischkosten aufgrund der geringeren Batchgrößen sowie in dem erhöhten Energiebedarf des Mischverfahrens.

Die Zukunft seiner Branche bewertet Herkrath differenziert: „Wachstum wird wohl im geräuscharmen Güterverkehr und im Segment Metro sowie generell auf dem chinesischen Markt erzielt werden können, der nach wie vor ein Wachstumsmarkt ist. Spannend wird sein, wie sich die Entwicklung der E-Mobilität auf unsere Branche auswirkt. Auch in Zukunft wird man auf konventionelle Bremssysteme, die mit Reibmaterialien zusammenhängen, nie verzichten können. E-Mobilität ist im Schienenverkehr bereits Stand der Technik. Besonders moderne Züge bremsen allerdings auch elektrisch durch Rückspeisung der Energie. Der Reibbelagsverbrauch kann daher in Zukunft abnehmen."

„Auch für unser Wachstum in China und Nordamerika sehen wir einen hohen Automatisierungsgrad als einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Zukunft. In unserer Branche herrscht hoher Preisdruck. Da aber niemand Abstriche bei der Qualität der Reibbeläge machen möchte, müssen die Hersteller an anderen Stellen ansetzen, z. B. bei der Automatisierung. Wir sind dort schon gut unterwegs, denn der Automatisierungsgrad bei ITT ist bereits sehr hoch. Mittlerweile ist die Anzahl der Roboter höher als die der Arbeiter (deren Qualifizierung kontinuierlich wächst).“ Hinsichtlich der Automatisierung sieht Laureri aber auch die Maschinenhersteller weiter in der Pflicht: „Eine lückenlose Prozessüberwachung und ein Online-Support für alle Maschinen sind für uns extrem wichtig."

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